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Einführungsrede zur Ausstellung „Reisen auf der Stelle. Bilder von Birgit Luxenburger“,  im Hessischen Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen, Wiesbaden, am 05. Dezember 2008


Meine sehr verehrten Damen und Herren,

„Reisen auf der Stelle“ hat Birgit Luxenburger ihre Ausstellung betitelt. „Wege“ steht als Generalthema des Landesamtes darüber. Das Bewegungselement ist also angesprochen, und – mitgedacht – ebenso die Statik, die Ruhe, das Bestehende, das Stehen Bleibende.

Wer Wege baut und gestaltet, handelt in einer Dualität, schafft nämlich einerseits Bahnen für schnelle Ortswechsel, je schneller, desto besser, andererseits sind diese Wege, je größer die angezielte Geschwindigkeit ist, von umso größerer Dauerhaftigkeit und monumentaler Beständigkeit.

Der Trampelpfad durchs wilde Gelände wächst rasch wieder zu, wenn er einige Wochen, sogar nur Tage, nicht benutzt wird. Auch den aufgegebenen Feldweg erobert die Natur schnell zurück. Der Kleingärtner kann die selbst verlegten Trittsteine auf dem Weg zwischen den Beeten innerhalb von wenigen Minuten wieder entfernen – oder neue Wege schaffen.

Aber als das Rad dazukam – ob auf Straße oder Schiene – wurde die Sache mit den Wegen schon aufwändiger. Ich überspringe allerlei Epochen der Entwicklung menschlicher Mobilität und lande auf der Autobahn. Nicht nur ein Wortspiel: Auf vielen Abschnitten kann man ja wirklich „landen“, sogar mit modernen Verkehrsmaschinen, was auch schon mal im Notfall passiert ist. Aber sogar beim Bau wurde so etwas teilweise eingeplant. Es gibt Autobahnabschnitte, die bewusst als Start/Landebahn für Militärflugzeuge im Verteidigungsfall konzipiert sind, erkennbar an der schnurgeraden Führung und am fehlenden Grünstreifen in der Mitte. In Windeseile wären die Leitplanken demontiert, und Sie haben einen perfekten Notflugplatz vor sich, einschließlich der übergroß ausgelegten Parkplätze, die auch für Jagdmaschinen gangbar sind.


Bewegung und Monumentalität

„Jetzt schweift er schon zu Beginn ab, oder?“ Nein, ich versuche nur den Blick zu erweitern auf Phänomene, die Gegenstand einer Philosophie der menschlichen Bewegung und der Verkehrsmittel und Bewegungsformen überhaupt sein könnten. Die wäre sicher interessant, und sie hätte verdammt viele konkrete Bezüge, wäre also gar nicht abgehoben vom Alltäglichen, zum Beispiel von Ihrem Geschäft hier in der Straßen- und Verkehrsverwaltung.

Das Paradoxe beim Wegebau scheint mir zu sein, mal als Hypothese und Diskussionsansatz formuliert, dass je schneller die angezielte Fortbewegung ist, und je mehr Masse und Menschen transportiert werden müssen, dass desto stabiler, d. h. monumentaler, dauerhafter, nachhaltiger, einschneidender die entsprechenden Wege sind bzw. sein müssen.

D. h. wenn wir schneller sein wollen, müssen wir immer dauerhaftere Bewegungsbauwerke schaffen, ob dies nun Autobahnen, Flughäfen oder Bahnhöfe sind. Das meinte ich mit der paradoxen Dualität von Bewegung und Statik.

Wer kann solche Gedanken formulieren oder vielleicht auch nur provozieren, herauslocken, „in die Wege leiten“? Nicht zuletzt und vor allem Künstler natürlich.

„Jetzt kommt er endlich zum Thema?“ Nein, da war ich schon von Anfang an. Denn Sie können alles, was ich bisher über Wege, Geschwindigkeit und Mobilität gesagt habe, als Metapher benutzen, um sich den Bildern von Birgit Luxemburger zu nähern.

Ja, „zu nähern“ sage ich, schon wieder ein Moment der Bewegung. Denn es geht ja um IHRE Bewegung, die der Besucher, Genießer, Zuschauer, der Interessierten, wie auch immer. SIE bewegen sich auf die Bilder zu, d. h. Sie sind die Autofahrer auf dem Weg zum Kunstwerk, oder die Bahnpassagiere beim Blick aus dem Waggonfenster.

Die Bilder hängen da wie eine unbekannte Gegend. Die warten auf sie, bewegen sich nicht. Bieten Ihnen etwas, bieten etwas an, haben ihre Geschichte, ihre Entstehungsgeschichte, sind „fertig“, zumindest – so wie sie sind – entlassen aus der Werkstatt.


Bildräume und Strukturen

Jetzt kommen Sie. Sind im besten Falle neugierig wie beim Zufahren auf eine neue Stadt, die Sie noch nie gesehen haben. Ja STADT, nicht Wildnis. Birgit Luxenburgers Bilder sind urbane Bilder, keine Impressionen unberührter Landschaft.

Denn zunächst entdecken Sie Strukturen. Streifen, Muster, Gitter, ein Darüber und Darunter, ein Nebeneinander, man könnte sagen, und man sollte sagen: eine Architektur. Sie sollten sich vornehmen, die Stockwerke zu identifizieren, Grundrisse, Volumen, Fassaden, Räume, innen wie außen. Das körperhafte Auftreten der großen Arbeiten unterstützt Sie dabei.

Die Bildarchitektur ist übrigens durchaus dreidimensional, denn wenn Sie näher hinsehen, werden Sie Tiefenschichten entdecken, Spuren früherer Arbeitsprozesse, archäologisch sozusagen, zarte Reliefs von Pinsel- und Lebensspuren, Grundierungen, leichte Verfärbungen als Hinweis auf frühere Kulturen.

Die Zeit, die sich da widerspiegelt, die Arbeitszeit, ist dann schon die vierte Dimension, die mitschwingt als Spur, zum Rekonstruieren. Denn darstellen können wir sie nicht, nicht auf statischen Bildern.

Aber neben dem Rechts und Links, dem Oben und Unten, also den zwei Dimensionen des Arbeitsblattes, ob nun Bildschirm, Leinwand, Millimeterpapier, Planskizze oder hölzerner Malgrund wie bei der Künstlerin, gibt es die Dimension Nummer Drei, die Tiefe. Und darüber muss man einen Moment lang länger sprechen.

Die Tiefenwahrnehmung ist ja eines der faszinierendsten und vielfältigsten Phänomene der menschlichen Wahrnehmung und der bildhaften Darstellung von Menschenhand überhaupt. Stichworte: Die Zentralperspektive als Erfindung oder besser „Findung“ durch Künstler und Architekten der Renaissance; die uralte chinesische Landschaftsperspektive, die sich eigentümlich wiederfindet in der Axonometrie, der Isometrie, vielen von Ihnen als Architekten und Ingenieure geläufig; ... Heute im Zeitalter von CAD und 3D-Computersimulation müsste die Theorie der Raumdarstellung wieder ganz neu geschrieben werden.

Aber es gibt ja noch viel einfachere Dinge: In den Bildern von Birgit Luxenburger geht es hauptsächlich um das Davor und Dahinter. Sie arbeitet mit Effekten der Überschneidung und Überlagerung. Dabei spielen Gestaltphänomene eine Rolle.

Sie werden sehen, dass kompakte, mit scharfen Umrissen versehene Formen, sich in den Vordergrund drängen.

Sie werden spüren, dass Schattierungen sich als Volumenmerkmale darstellen.

Sie werden Unterbrechungen von homogenen Formen so interpretieren, als ob sich etwas davor gelagert habe und anderes dahinter.

Sie werden bestimmte Farben und Kontraste, also deren Leuchtkraft, als sehr präsent erleben, also näher zu Ihnen, aufdringlicher als das, was dahinter liegt.


Raster und Gestik

Und Sie werden irritiert sein. Über den scheinbaren Gegensatz von Konstruktion und Amorphem, von Gesetztem und Gestischem, von Planmäßigem und Spontanem. Sie sollten sich die Mühe machen und zu definieren versuchen, was Sie als malerische Geste erkennen und was Sie als Setzung, als gemeißelte Form wahrnehmen.

Und Sie werden nach einiger Zeit ein weiteres Mal irritiert sein. Denn diese scheinbaren Gegensätze werden verschwimmen. Irgendwann ist nicht mehr entscheidbar, was spontane, gestische Handlung, mit allen Zufallskonsequenzen einschließlich verlaufender Farbtropfen ist, und welche Bildelemente vielleicht auf einer Überlegung beruhen. Wir berühren da einen Moment der künstlerischen Aktion, der im Nachhinein, durch Analyse oder durch Nachfragen, nicht mehr klärbar ist.

Aber warum auch? Das Werk steht vor uns und ist autonom, aus was auch immer für einem Wachstumsprozess es entstanden sein mag.

Eben wie das Bild einer Stadt. Eine Silhouette. Ein Ensemble. Eine Fassade, die ihre Geschichte nach außen trägt. Oder ganz anders: Eine farbige Impression des urbanen Lebens selbst, mit all seinen Bildern, Facetten, Brechungen, Aufgeregtheiten und Wiederholungen.

Urban heißt für Luxenburger zunächst einmal Struktur, System, Analyse, Raster. Unsere städtische Umwelt wird, so Gott und wir alle wollen, nie aus Hundertwasser-Phantasien bestehen, sondern immer aus diesem anspruchsvollen Konstrukt aus Form und Funktion, aus Aufgabe und Erscheinung, Wesen und Phänomen, Idee und Abbild. Das ist kompliziert, muss es sein. Und eben anspruchsvoll. Nicht einfach nur bunt und hübsch und rund und begrünt.

Darauf reagiert die Künstlerin. Nicht, indem sie einfach oberflächlich abbildet. Nein, in dem ganz alten, wertvollen, komplexen, verantwortungsvollen Ansatz künstlerischer Arbeit realisiert sie ihre eigenen Bilder. Letztlich ist sie auf der Suche nach Wahrheit hinter den Erscheinungen. Dabei schafft sie – was verantwortungsvolle Malerei immer tut – eigene Wirklichkeiten, Bildräume, Architekturen.

Die Bezüge zu Erscheinungen unserer städtischen Umwelt, unserer urbanen Lebensweise müssen Sie entschlüsseln. Sie folgen dann, nachdem Sie erst einmal vor diesem unbekannten Stadtbild angekommen sind, den Wegen, die Ihnen die Künstlerin im Bild selbst anbietet. Das können schnelle Verbindungen sein, die sich Ihnen sofort erschließen, das können verwinkelte und beschwerliche Strecken sein, bei denen man nicht weiß, ob und wann und wo man jemals ankommt.

Und vor allem sind es jedermanns eigene Wege. Jeder von Ihnen wird andere Strukturen und Konstruktionen in den Bildern entdecken, die Halt geben oder die – ganz anders – zum schnelleren Fortbewegen provozieren. Was für die Augen des einen ein Parkplatz ist, sieht ein anderer vielleicht als Schnellstraße oder Startbahn. Aber bitte nicht so platt und konkret wie sich es anhört. Ich spreche von Ihren visuellen Bewegungen, Ihrem Wandern oder Fahren oder Fliegen auf dem Bild.

Sie sollten sich selbst bei diesen Bewegungen auf dem Bild und im Bild beobachten. Dann kommen Sie am schnellsten vorwärts.

... Ganz ohne Kreuzungen und Staus aber wird es nicht abgehen. Gute Fahrt!

Vielen Dank!


 

 

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