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Einführungsrede zur Ausstellung „Passagen zwischen Tag und Traum. Tanzskulpturen von Margarete Palz“,  Stadtmuseum Zweibrücken, 14. September 2008


Meine sehr verehrten Damen und Herren,

man könnte es – und man sollte es auch zunächst – ganz einfach beschreiben: Margarete Palz erhält Fotos, teils komplette, teils Teststreifen, alles, beinahe alles aus einem professionellen Fotostudio, in großen Formaten. Sie vermeidet das Wort „Abfall“, für sie ist es Material eigener Qualität. Stellen Sie sich vor, Sie finden im Müllcontainer beim Ausleeren des Papierkorbs ein Stückchen Foto, von jemandem vor Ihnen zerrissen und weggeworfen. Sie spüren die Aura dieser fragmentarischen Abbildung. Beinahe jedes Foto hat sie.

In das, was jetzt passiert, greift schon die kreative Planung ein. Motive werden sortiert, Farben einander zugeordnet. Ob das Motiv, der Gegenstand der Fotografie, zum Tragen kommt, oder eher die abstrakte Qualität der Muster und Farben, wird sich später zeigen. Dann der Moment des Zerlegens, der elementaren Analyse sozusagen: Zerschneiden in Streifen, Quadrate, Rechtecke. Übrigens per Hand und nicht maschinell, dennoch exakt. Die entstehenden Fragmente haben keine willkürlichen oder amorphen Umrissformen, sondern sind geometrisch genau. Aus praktischen Gründen. Es soll ja kein Puzzle werden, sondern eher ein Mosaik. Mit Legosteinen lässt sich besser ein Haus bauen als mit Flusskieseln.

Zuerst hatte Margarete Palz mit dem Aktenvernichter experimentiert, aber das Ergebnis der völligen Verwirbelung und damit Unkenntlichmachung des Ausgangsmaterials – welche ja genau der Sinn dieser Maschine ist – war nicht in ihrem Sinn. Sie zerschneidet also nicht neutral und blind. Sie möchte, dass gewisse Motivteile beieinander bleiben – und nur so kann auch der spezifische Dialog, die Wechselwirkung von Foto und neuer Form, entstehen, um die es ihr geht.

Wenn Sie so wollen, kann man also diese modulare Zerlegung der Wirklichkeit – einer durch Fotografie schon zum Bild gewordenen Wirklichkeit – mit Gedanken von Cezanne oder später den Kubisten vergleichen: Die Reduzierung des komplexen Weltganzen – zumindest seiner äußeren Erscheinungsform – auf einfache Grundformen, Moleküle, Elemente, vielleicht Pixel, Bildpunkte, um im Bereich der visuellen Gestaltung unserer Tage zu bleiben.


Zerlegen und Zusammenfügen

Aber es geht ja nicht um die Analyse, sondern um die darauf folgende Synthese, die Komposition einer neuen, noch nicht gesehenen Gestalt und Form. Also ist der nächste Schritt das Zusammenfügen des Zerlegten, das Zusammennähen auf einem Trägerstoff zu überschaubaren Stücken. Es werden Stoffstücke hergestellt, viereckig oder dreieckig, aber eben, nicht gewölbt, und daher einfach weiter zu verarbeiten. Vor uns – und der Künstlerin – liegt jetzt eine Fülle von Flicken, von Einzelteilen, die zu einem Patchwork werden können. Das Aufnähen zu neuen Grundelementen, man könnte sagen: den Bausteinen der Kostüme, wird natürlich dadurch erleichtert, dass die Streifen nicht gleich völlig getrennt werden, sondern nur zu 99 Prozent. Erst wenn sie in ihrer Anordnung auf dem Trägerstoff fixiert sind, werden sie endgültig zerschnitten. Diese und sicherlich viele andere kleine technische Details könnten Sie in der Werkstatt der Künstlerin beobachten, falls sie Sie lässt.

Der jetzt folgende Schritt ist ebenso pragmatisch wie bedeutsam: Die Künstlerin tritt vor den Spiegel und legt sich probeweise die vorbereiteten Materialstücke an, komponiert sie stückweise zu körperangepassten Formen, prüft dabei die Statik: Hält? s? Hängt? s? Und es soll eher schweben als kleben, denn Hilfsmittel wie Drähte, Knöpfe oder Reißverschlüsse werden vermieden.

Dieser Moment der Komposition ist nicht planbar, nicht oder nur sehr begrenzt durch Skizzen oder Entwürfe vorhersehbar. Vor allem in diesem Arbeitsschritt ist spielerische Kreativität gefordert, besteht das Experiment im Ausprobieren, Prüfen, Verwerfen, Variieren, schließlich Entscheiden, immer in Auseinandersetzung mit dem Material und seinen visuellen und materiellen Eigenschaften.

So wird die fotografische Abbildung zur Hülle, gewinnt neue Form, erobert ihre wirkliche dritte Dimension. Die mag der fotografischen Perspektive des Ausgangsmaterials widersprechen, sie unterstützen oder auch völlig negieren. In jedem Fall entsteht ein Dialog. Das zweidimensionale Foto wird zum skulpturalen Werkstoff.


Vom Bild zur Figur

Verlässt die fertige – jetzt können wir das Wort benutzen: „Skulptur“ die Werkstatt, so haben wir Fotografie als zugleich raumgreifendes und raumformendes Objekt vor uns, durch Destruktion und Konstruktion in ihren ästhetischen Eigenschaften sogar noch betont. Ein ständiges Wechseln der Perspektive des Betrachters wird provoziert. Sehe ich die Abbildung einer Maschine, Wasser, Steine oder eine dem menschlichen Körper folgende Form? Ein Spiel mit unserer Wahrnehmung und eine gegenseitige Überlagerung und Verwebung von Realitätsebenen, die miteinander zu konkurrieren scheinen.

Denn Fotografien bilden ja bereits Gegenstände und Strukturen ab, evozieren Körperlichkeit, illusionieren die dritte Dimension, verweisen auf eine andere, frühere, woanders befindliche Realität. Unsere automatisch und unbeeinflussbar funktionierende Augenmaschine reagiert auf realistische Abbildungen mit Interpretation und Orientierung: die Raumwahrnehmung können wir nicht abschalten. Sie überlagert alles andere.

Entschuldigen Sie bitte, dass ich ein Beispiel aus einem ganz anderen künstlerischen Bereich heranziehe: Vielleicht erinnern Sie sich an die Körperbemalungen der Veruschka von Lehndorff oder andere Beispiele des Bodypainting. Auch dort passiert dieses faszinierende Wechselspiel zwischen der Fokussierung auf den Körper oder aber auf das Bild auf dem Körper.

Es scheint wichtig, dass das Ausgangsmaterial von Margarete Palz hauptsächlich aus der sachorientierten Fotografie stammt, puristisch, distanziert, funktionell und rein aufs Objekt konzentriert. Der Mensch als Fotograf bleibt zurück, es gibt anscheinend keinen individuellen Ausdruck in den Fotos. Margarete Palz benutzt nicht das Werk eines anderen – und missbraucht es damit auch nicht. Welche Sicht der oder die Fotografen „als Zulieferer“ von der Arbeit der Künstlerin haben, könnten Sie sie fragen.

In dem Zusammenhang fällt noch etwas auf: Es sind auch keine Menschen auf den Fotos abgebildet. Diese zu zerschneiden und als Rohmaterial zu benutzen, das könnte sie nicht, sagt die Künstlerin.

Aber die Menschen werden auf ganz anderem Wege Teil des Kunstwerks, nicht als Material, als Rohstoff, als Bildobjekte, sondern erst in diesem letzten, höchsterreichten Niveau des künstlerischen Arbeitsprozesses.


Bühne, Bewegung, Tanz

Denn die Kostüme von Margarete Palz verlangen danach, getragen zu werden. Es reicht nicht bzw. es eröffnet nur einen Teil der in ihnen enthaltenen Ebenen, sie einfach statisch zu präsentieren, sie aufzustellen oder zu hängen. Sie entfalten weitere Dimensionen erst durch die Aktion, die Vorführung.

Ein Aufführungscharakter der Werke ist also impliziert. Insofern ist der Eindruck einer Inszenierung oder der einer Bühne, auf der wir uns hier befinden und auf der etwas passiert oder passieren kann, ganz richtig. Das Gesamtereignis vermittelt Ihnen heute etwas davon. „In Szene gesetzt von Wolfgang Thomeczek“ heißt es in der Ankündigung.

Margarete Palz lässt also ihre Skulpturen, Kostüme, „Tanzskulpturen“, wie sie sie nennt, in Bewegung versetzen. Die Menschen in ihnen dienen als Motor, sagt sie. Es sind keine Profitänzer, die ihre eigenen Körper darstellen, sondern sie verhalten sich in vorherbestimmten Grenzen, sie improvisieren in Korrespondenz mit den von ihnen getragenen Kostümen, stellen die Hülle dar, die sie umgibt und die nur eine bestimmte Auswahl von Bewegungen zulässt. Sie führen also vor. Auch die Gesichter, sofern von Maskenbildnern geschminkt, sind Fortsetzung der Hülle, dienen der Tanzskulptur.

Bei diesen Aufführungen (das überstrapazierte Wort „Performance“ muss man gar nicht verwenden) kommt eine weitere Dimension hinzu: der Klang, ob als inspirierte Zugabe von außen, wie etwa in der Begleitung durch ein Instrument, oder durch die Objekte selbst ausgelöst.

Es deutet sich ein „Hang zum Gesamtkunstwerk“ an, das Bestreben, alle oder möglichst viele Sinne anzusprechen, in Resonanz zu bringen, Synästhesien zu erzeugen und uns als Zuschauer und Zuhörer komplett gefangen zu nehmen.

Margarete Palz nennt ausdrücklich das Bauhaus, in deren Einfluss ihre Lehrer Boris Kleint und Oskar Holweck in Saarbrücken standen. Da fällt einem die Bauhausbühne ein und die Figurinen von Oskar Schlemmer oder die Bühneninszenierungen von Kandinsky.

Ganz folgerichtig, dass die Künstlerin auch für Theaterproduktionen gearbeitet hat.

Margarete Palz durchschreitet auf ihrem Wege also alle Dimensionen. Vom zweidimensionalen Foto ausgehend schafft sie dreidimensionale Skulpturen, und diese werden in der Zeit, also der vierten Dimension, bewegt und vorgeführt. Grundlage ist die Zerlegung von Vorgefundenem, in Elemente und Prinzipien, um aus ihnen etwas Neues zu schaffen. Eigentlich ein alchemistischer Vorgang, oder? Und etwas von Zauberei scheint auch dabei zu sein.

Nun haben die großen Alchemisten ihre Transmutationen, d. h. die Ergebnisse des Verwandlungsprozesses, immer als Nebenprodukte einer inneren Wandlung gesehen. Diese allerdings zu ergründen, in der Künstlerin wie auch in Ihnen, meine Damen und Herren, die sie ihr beim Betrachten und Miterleben folgen, ist heute Morgen einfach zu kompliziert.

Vielen Dank.


 

 

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