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Übersicht

Rede zur Eröffnung der Ausstellung Robert Hutter und Thomas Brenner In der Sparkassenakademie Schloss Waldthausen am 22. März 2000

  • www.thomas-brenner-photographie.de

Fotografie und Video, die "technischen Bilder" innerhalb der bildenden Kunst, haben ohne nennenswerte Abweichungen am Prinzip der Narrativität, an der Tendenz zum Erzählerischen, zum Fiktionalen durch die gesamte Moderne festgehalten. Während die Malerei - um nur bei den zweidimensionalen Bildmedien zu bleiben - seit Beginn des 20sten Jahrhunderts geradezu verzweifelt daran gearbeitet hat, sich selbst als Abbildungsvehikel aufzuheben und von der Abstrahierung über die rein abstrakte Komposition zum konkreten Bildobjekt fortschritt, das nur noch Farbkörper, also autonom und ohne jede Beziehung zur nichtkünstlerischen Umwelt war, blieb die Fotografie bis auf einige folgenlose Ausnahmen das Abbildungsverfahren par excellence. Zu diesen Ausnahmen zählen z.B. die Versuche von Man Ray und Moholy-Nagy, aber genau genommen sind auch ihre Fotogramme nichts als reduzierte Spuren der Wirklichkeit, nämlich der durch Licht vermittelten Gegenstandswelt. Auch die Wirklichkeitsausschnitte der Bildserie "Zivilisation" von Thomas Brenner sind bei aller abstrahierenden Verfremdung durch Ausschnitt und extreme Nahaufnahme immer noch Abbildungen und verweisen auf Objekte außerhalb ihrer selbst.

Technisch-künstlerische Abbildungsverfahren

Das Gleiche gilt für die Abkömmlinge der Fotografie, den Film und die Videokunst. Während die Filmavantgarde der 20er Jahre noch versuchte, den von der Malerei vorgezeichneten Weg zum konkreten oder absoluten Werk nachzuvollziehen, hat das mehr als 40 Jahre später, d.h. bereits am Ende der Moderne, in Künstlerhand geratene Medium Video schon komplett auf dieses Ideal der Reinheit verzichtet. Videokunst hat sich immer auch durch die gelieferten Bilder, d.h. Abbilder definiert.

Dass die Fotografie im Kunstbetrieb ihren Durchbruch und die Videokunst ihren vorläufigen Höhepunkt im Moment des Übergangs von der Moderne zur Postmoderne fanden, erklärt sich unter anderem aus der Revision der ehemals reinen Lehre, dass ein Kunstwerk nicht Abbild, sondern nur mehr eigenständiges ästhetisches Objekt sein darf, also Element des Lebens selbst. Der programmatische Titel "Hunger nach Bildern" des Autors Wolfgang Max Faust - gleichzeitig als Begründung und Forderung der jungen wilden Malerei der 80ger Jahre ausgerufen - bezeichnet diese Umbruchsituation treffend.

Selbstgeschaffene Realitäten

Vor diesem Hintergrund - bitte verzeihen Sie den kunsthistorischen Ausflug - arbeiten Künstler wie Robert Hutter und Thomas Brenner, und zwar mit der Selbstverständlichkeit der postmodernen Generation. Sie benutzen die Abbildungseigenschaften der "kalten" Medien Fotografie und Video, um auf eine Welt jenseits des Bildes, d.h. vor der Kamera zu verweisen. Diese Welt - das trifft für beide zu - ist inszeniert. Die eigentliche künstlerische Arbeit, wenn man so will: die persönliche "Handschrift", drückt sich in diesen Inszenierungen aus: bei Hutter in der reduzierten Versuchsanordnung, in der die Performance stattfindet, bei Brenner im minutiösen Arrangement seiner tableaux vivants. Die Entscheidungen über Licht, Kameraposition, Bildausschnitt und - beim Video - die Zeitstruktur sind bei beiden Künstlern von professionellen Kriterien geleitet und auf das beabsichtigte Wahrnehmungsbild zugespitzt, aber nicht übermäßig experimentell. Spätere Bildbearbeitungen halten sich in Grenzen, es geht zunächst um die rein funktionale, handwerklich saubere Abbildung der Inszenierung.

Auch die Präsentationsform zumindest in dieser Ausstellung ist zurückhaltend klassisch und ohne Überraschungen. Die konzentrierte und ungestörte Wiedergabe scheint im Vordergrund zu stehen. Dies ist vor allem bei den Arbeiten Robert Hutters hervorzuheben, der sonst sehr viel entschiedener mit räumlichen Installationen und ungewöhnlichen Projektionsformen experimentiert. Wir kommen darauf zurück. Ob man soweit gehen kann, die Nutzung der Medien durch Brenner und Hutter als "dokumentarisch" zu bezeichnen, könnte man diskutieren. Es ginge in diesem Fall natürlich um die Dokumentation der von den Künstlern selbst geschaffenen und nicht vorgefundener Realitäten.

Auf diese zwei Realitäten ist jetzt genauer einzugehen.

Thomas Brenner: Maginot

Thomas Brenners Hauptwerk der letzten Jahre, von dem hier Ausschnitte zu sehen sind, bezieht sich auf ein historisches Relikt: Die Maginotlinie zwischen Frankreich und Deutschland, ein gigantisches Bauwerk aus der Zeit um 1930, bestehend aus Bunkeranlagen, unterirdischen Verbindungsgängen und Panzersperren, geplant als Festungsgürtel und Bollwerk gegen das Deutsche Reich, vergebens, wie man weiß. Betonbunker sind neben Atomkraftwerken so ziemlich das Dauerhafteste, was die menschliche Baukunst hervorgebracht hat. Und so stehen noch heute zahllose Exemplare dieser Urzeitungetüme in einer inzwischen idyllisch verwachsenen Landschaft zwischen dem Atlantik und der Mittelmeerküste, teils für den Geschichtstourismus zugänglich und häufig von französischen Veteranenvereinen gepflegt.

Auf diese geschichtsträchtige Installation, irreal genug, reagiert Thomas Brenner in einem mehrjährigen Projekt mit eigenwilligen Fantasiebildern. Aus der verwitternden und überwucherten Monumentalität der Kriegsbauten macht er Theaterkulissen für einen modernen Totentanz.

In der Abenddämmerung, zusätzlich dramatisch beleuchtet, häufig auch durch Fackeln und diverse Feuerspiele, bewegen sich gespensterhaft Menschen in extremen Kostümen und expressiven Posen, bandagiert, in auffälligen Farben angemalt und mit bizarren Requisiten ausgestattet.

Verweise auf andere, teils gegenwärtige bedrohliche Realitäten tauchen auf: ein Ku-Klux-Clan-Treffen findet statt, das Atomkraftwerk Cattenom ist im Hintergrund auszumachen, Porträts des Kriegsministers André Maginot füllen die Szenerie wie zu Wahlzeiten.

Durch Überzeichnung der Dramatik und paradoxe Kombinationen aus den entlegensten Kulturfragmenten entstehen dabei auch komische Momente, etwa wenn Paare vor einem barockhaft tapezierten Bunker wie für den Prospekt einer Tanzschule posieren oder eine Reihe von Heiligen samt Attributen in ausgedienten Badewannen mittelalterliche Ikonographie paraphrasieren.

Thomas Brenner stellt uns hier eine eingefrorene vielfigurige Choreografie vor, die die Menschen zum Ornament arrangiert und ganz der Bildidee unterordnet. Anders die zweite Bildserie dieses Projekts, die notwendig dazugehört. Neun Zeitzeugen von damals werden vom Fotografen porträtiert: Männer, die in den Bunkern Dienst taten oder in den 30er bis 50er Jahren eine andere berufliche Beziehung zu ihnen hatten. Sie sind in ihren ehemaligen Wirkungsort, der sie in einer wichtigen Phase ihres Lebens bestimmt und geprägt hat, hineingestellt und schauen den Betrachter direkt an: in Alltagskleidung, offen, teils lächelnd und eher beiläufig.

Die besondere Aufnahmetechnik führt zu einer Überlagerung von Mensch und Ort, lässt durch das Äußere der Person ihre Geschichte aufscheinen. Die Zeitzeugen, heute um die 70 Jahre und älter, sind in den Bunkerräumen, wie sie sich jetzt, nach Jahrzehnten, teils museal, präsentieren, fotografiert worden. Man erkennt einen ehemaligen Sanitätsraum, lange Gänge mit Schienen, eine rekonstruierte Küche und Dokumentationsräume mit Vitrinen, Modellen und Schautafeln.

Kulisse und Figur entstammen also der Gegenwart, die Manipulation des Fotografen beschränkt sich auf die Kombination von Blitz- und Langzeitbeleuchtung. Es handelt sich nicht um Doppelbelichtungen. Dennoch glaubt man, einen virtuellen Set vor sich zu haben, spürt den Hauch der Vergangenheit wie in einer Zeitreise. Die Porträts zeigen uns einzelne Menschen mit ihrer Geschichte, noch unterstützt durch die Bildunterschriften, in denen Name, Beruf, damalige Tätigkeit oder Dienstgrad und Jahreszahlen angegeben werden. In der Reihung dieser Porträts entsteht dann das Bild einer kollektiven Erfahrung, einer gemeinsamen Geschichte.

Robert Hutter: Selbstversuche

Der Mensch, der uns in den Arbeiten von Robert Hutter gegenübertritt, ist der Künstler selbst, aber nicht in der Form eines individuellen Porträts - dies mag ein Nebeneffekt sein - , sondern als Mensch an sich, ohne Beiwerk, mit wenigen Requisiten, reduziert auf den Körper und das Gesicht, aber einer Selbstinszenierung ausgesetzt, die vielleicht eher das Wort "Selbstversuch" verdient. Hutter erkundet Grenzen menschlicher Erfahrungen, häufig schmerzhaft - für ihn selbst ebenso wie für den Betrachter. Was hier in kühler Videoästhetik vermittelt wird, ist nur ein mehrfach vermitteltes Ergebnis der eigentlichen Performance-Arbeit. Diese können Sie selbst erkunden in der interaktiven Installation im Foyer, einer künstlerischen Selbst-Dokumentation mit Texten, sogenannten Inspirationszeichnungen und Videosequenzen.

Üblicherweise arbeitet Hutter in einer Kombination von Performance und Installation. D.h. er richtet einen Aktionsraum ein, in dem er eine geplante Aktion vollführt, und lässt diesen Aktionsraum dann als Installation stehen. Bedauerlich, dass diese Art der Präsentation in dieser Ausstellung nicht realisiert wurde oder werden konnte. So erscheint sein Werk in einer sehr kondensierten und etwas abgehobenen Form.

Man muss einfach wissen, dass die zwölf kleinen Videosequenzen in der zentralen Videoarbeit hier in der Mitte des Saales Relikte aus Aktionen sind, die Hutter mit oder für die Kamera ausführte. Es geht immer um extreme Körpererfahrungen: die eigenen Kleider in kochendes Wasser tauchen, sie dann anziehen, sobald man die Hitze ertragen kann und sich dann in den eiskalten Winter legen, bis man fast erfriert. Sich in nassen Kleidern an den Füßen aufhängen und ins Kameraauge abtropfen. Die Haare mit Benzin bestreichen und sie abbrennen lassen. Eine Plastiktüte über den Kopf binden und solange es geht vom eigenen Atem leben. Den Kopf immer wieder von einer Steinkugel treffen lassen.

Robert Hutters Katalog einer Ausstellung in der Stadtgalerie Saarbrücken von 1998 trägt den Titel "Man's World - Man's Fantasy". Mit den avanciertesten künstlerischen Mitteln kommen wir am Ende unseres Jahrhunderts - dessen Kinder wir alle sind - also wieder zurück zu einer Auseinandersetzung mit der conditio humana: Mit der Kultur und der Geschichte im Nacken - und all ihren Chancen und Schrecklichkeiten - auf der Suche nach dem Naturwesen Mensch in uns und letztlich kaum vorbereitet auf eine noch zu erobernde Geistesfreiheit, treffen wir bisweilen auf Werkstattergebnisse von Künstlern, die der Welt um uns nicht nur etwas Autonomes hinzufügen, was mit formal-ästhetischen Begriffen beschrieben und bewertet werden kann, sondern auch wieder Bezug nehmen auf die Wirklichkeit und was sich hinter ihr verbirgt. Ich denke, die Freiheit zu diesem neuen Realismus sollten wir uns nehmen.

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