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Übersicht

Rede zur Eröffnung der Ausstellung Birgit Luxenburger und Albert Hettinger in der Sparkassenakademie Schloss Waldthausen am 30. April 2003

  • www.bilux.net
  • www.a-hettinger.de

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

beinahe hätte ich diese Einführung mit den gleichen Worten wie schon einmal vor gut einem Jahr begonnen. Denn wiederum empfand ich ein Gefühl der Harmonie und war gleichzeitig überrascht von der Gegensätzlichkeit der beiden künstlerischen Phänomene, die eben dieses Gefühl auslösten, auch damals waren es die Werke einer Malerin und eines Bildhauers, die sich erst aus Anlass einer Ausstellung im Schloss Waldthausen kennen lernten.

So erfreulich diese oberflächliche Betrachtung sein mag, und so leicht es auch heute wieder fällt, den Organisatoren, allen voran Herrn Riemann zu danken für diese gelungene Ausstellung, vor allem in Zeiten, da Waldthausen bald zum letzten nennenswerten Kunstort in Mainz geworden ist, ein solches Geschmacksurteil reicht natürlich nicht, es muss hinterfragt werden. Und Sie wissen, ich versuche immer mal wieder, über die Beschreibung der Phänomene hinaus einigen Grundideen der künstlerischen Produktion nachzuspüren. Heute wird es zunächst sehr elementar. Ich habe mir nämlich nichts weniger vorgenommen als die Entwicklung einer Theorie des künstlerischen Schaffens anhand einer parallelen Betrachtung der Arbeit von Birgit Luxenburger und Albert Hettinger.

Eine Oberflächenanalyse

Nehmen wir uns zwei in Ihrer Nähe befindliche Werke der beiden Künstler vor, die eine deutliche Korrespondenz aufweisen, ohne dass dies natürlich bei deren Entstehung beabsichtigt war. Ich meine das dort hinter Ihnen zentral hängende Gemälde und die erste Basaltstele dort rechts von Ihnen. Folgen Sie mir einfach bei der Beobachtung, der Analyse, schließlich der Formulierung einer These.

Wir sehen zunächst eine farbliche und eine figurative Entsprechung in der äußeren Form: Albert Hettingers Stele, ein aufrecht stehender Solitär, ein säulenartiges, menschlichen Maßen entsprechendes Monument:

  • amorph und nicht geometrisch,
  • gewachsen und nicht gemacht,

in einer Farbigkeit irgendwo zwischen Nichtfarbe (=Grau) und Naturfarbe (unter der wir fälschlicherweise alles irgendwie Erdige subsumieren).

Und dieser Figur, so nenne ich das Gebilde einmal versuchsweise, stehen bei Birgit Luxenburger die hervorspringenden, deutlich als letzter Akzent auf die Bildoberfläche gesetzten Formen in fast ähnlicher Farbe gegenüber, ebenso wenig exakt beschreibbar wie der Stein.

Man müsste die Schilderung dessen, was wir sehen, fortsetzen, mehr Sorgfalt wäre vonnöten, aber wir haben zumindest streiflichtartig zwei Kunstgebilde isoliert beschrieben, unserem Eindruck folgend und auf die Oberfläche konzentriert. Im nächsten Schritt sollten wir eine Abstrahierung wagen, d. h. einen oder mehrere Begriffe finden für das, was wir sehen. Dabei sind bereits Entscheidungen zu treffen. Ich entscheide mich zunächst für ein auffälliges Element: die vertikale Ausrichtung.

Die Vertikale

Die wichtigste Erkenntnis der Gestaltpsychologie ist das Betonen des aktiven – d. h. nicht passiven – Charakters unserer Wahrnehmung. Um uns zu orientieren und die Welt überhaupt beschreiben und damit bedenken und über sie reden zu können, müssen wir sie organisieren. Dabei helfen einerseits erlernte und kulturell vermittelte Begriffsmuster. So wissen wir z. B. durch allerlei Kontextinformationen, dass wir in diesem Saal heute Kunst- und nicht Naturphänomene erwarten können. Andererseits scheint es sehr grundsätzliche, physiologisch bestimmte Wahrnehmungsmuster zu geben, die uns leiten. In diesem Fall ist das sofortige Bemerken der Vertikalen ein ebenso selbstverständliches wie eigentlich kompliziertes Phänomen. Man kann das bis in die Neurophysiologie fortsetzen, was übrigens nicht uninteressant ist.

Aber gehen wir weiter: Wenn wir die Vertikale als Beschreibungselement benutzen, sprechen wir automatisch ein Denken in Richtungen an: oben-unten, rechts-links, vorne-hinten, usw.

Das heißt, wir benutzen Dimensionen der Raumbeschreibung. Und damit implizit auch das Bewegungselement, denn wenn wir über Räume sprechen, sind Ortswechsel und Blickwechsel immer als Option mitgemeint. Die Idee des mehrdimensionalen Raumes impliziert die Idee der Bewegung. Hier öffnet sich ein Fenster zur Erkenntnistheorie. Auch dieses lassen wir jedoch heute geschlossen.

Statt dessen zurück zu den beiden Arbeiten. Albert Hettinger zeigt uns eine Basaltstele, naturbelassen, er führt sie als Naturphänomen vor. Sie steht aufrecht wie sie gewachsen ist. Und mit einem ebenso minimalen wie entschiedenen Eingriff markiert er sie: Er fügt einen geraden senkrechten Schnitt ein, dünn, kaum wahrnehmbar, genau platziert, technisch perfekt, unter Zuhilfenahme hochmechanischer Werkzeuge. Und dieser Schnitt steht in seiner Exaktheit für unsere abstrakte Dimension der Senkrechten, die uns hilft, die Welt zu fassen.

In Birgit Luxenburgers Bild dagegen liegt die Senkrechte hinter dem amorphen Element. Das Raster aus Senkrechten und Waagerechten ermöglicht die Zuordnung des genannten Gebildes. Wie ein kartographisches Netzgitter definiert der Hintergrund die Figur – auch hier benutze ich versuchsweise diesen Begriff.

Das Amorphe

Und jetzt beginnt uns natürlich bei beiden Arbeiten schon etwas zu stören – im geistigen Konstrukt unseres Analyseversuchs. Denn die Vertikale fällt zwar auf und kann zur Beschreibung dienen, aber ebenso, gleichzeitig und genauso präsent, entwickeln sich die Formen der beiden Arbeiten in alle möglichen anderen Richtungen. Im Stein wie in der fließenden Gestalt des Gemäldes realisieren sich Wachstumsprozesse, die dem geometrisch-abstrahierten Gerüst zuwiderlaufen, es brechen und unterbrechen, ihren undefinierbaren Weg suchen, wuchern, sich vermehren, etwas entwickeln, was hilflos und notgedrungen allgemein mit „bizarr“ bezeichnet wird.

Gemeint ist mit diesem Begriff etwas Unklares, Amorphes, schwer Definierbares, nicht Messbares, und daher auch etwas Unheimliches, Unbekanntes, nicht Vorhersehbares, Unpassendes – und was der weiteren Konnotationen mehr sind. Für die Absicht meiner Analyse – denn natürlich habe ich ein Erkenntnisziel und lasse mich nicht einfach von den Phänomenen treiben – ist der Aspekt des Wachsens der wichtigste.

In jeder dieser beiden Arbeiten – wir sind immer noch nicht weiter – realisiert sich der Gegensatz zweier Vorgänge: das natürliche Wachsen und der geistgelenkte, d. h. menschlich-rationale Eingriff im Sinne eines richtungsbetonten, entschiedenen – d. h. einer bewussten Entscheidung folgenden und von Theorien und Konzepten gesättigten künstlerischen Prinzips.

Damit sind wir wieder einen Schritt weiter und schon fast an der Grenze zu einer Theorie des künstlerischen Arbeitens. Diese Theorie könnte z. B. lauten:

Im Gegeneinander von Wachsen/Fließen und Eingriff/Definition spielt sich das künstlerische Schaffen ab.

Diese These hätte weitreichende Konsequenzen:

  1. Es gibt einen Gegensatz von natürlichen und artifiziellen Formungsprozessen.
  2. Die magnetischen Pole im Schaffensprozess können benannt werden als
    • Fließend versus kristallin
    • Unordnung versus Ordnung
    • organisch versus anorganisch
    • Natur versus Geist
    • usw.
  3. Der künstlerische Akt besteht in der Überführung von Material aus dem einen in den anderen Zustand.
  4. Damit ist der Prozesscharakter des Kunstwerks elementar.
  5. Kunstwerke könnten in diesem Denken dann auch als Zwischenstadien innerhalb des Formungsprozesses verstanden werden, also als vorläufig und veränderbar, als grundsätzlich unfertig.

Damit würden wir die Gedankenwelt von FLUXUS und Joseph Beuys erreichen. Mit dieser gedanklichen Eskalation haben Sie vielleicht heute Abend nicht gerechnet, aber die Arbeiten der beiden Künstler geben es her.

Dennoch sollten wir wieder zum Konkreten zurückkommen, auch um unsere Theorie zu überprüfen.

Hettinger und der Stein

Zunächst Hettinger: Der Bildhauer entscheidet sich für Basalt als urtümliches, vulkanisches Gestein, weltweit vorkommend als Ergebnis der Erkaltung flüssiger Lava. In der Erstarrung schrumpft das Material und zieht sich zu eckigen aufrecht stehende Säulen zusammen, physikalisch bedingt idealerweise zu Sechsecken. Man kann dies als natürlichen skulpturalen Vorgang verstehen, der sich genau zwischen den Polen flüssig-kristallin abspielt und im Ergebnis deutlich die daran beteiligte Spannung und Energie spüren lässt. Diesem Faszinosum nähert Hettinger sich mit Ehrfurcht. Seine Eingriffe sind behutsam und betonen den Charakter des Steins eher als dass sie ihn als beliebig bearbeitbare Masse missbrauchen. Kein größerer Gegensatz lässt sich denken als zu Bildhauer-Kollegen, die effektvoll und mit virtuosen Bearbeitungstechniken aus jedem Marmor und Granit jede beliebige Form zu zaubern scheinen, z. B. Bücher.

Nein, der Künstler belässt dem Stein sein Leben und beschäftigt sich vor allem mit seiner Außenhaut. Er schält dünne Schichten ab, teils schuppenartig und fragmentarisch, teils wie beim glatten Entfernen einer festen Fruchtschale. Was darunter zum Vorschein kommt, ist denn auch der Kern oder das Fruchtfleisch. Das Material in seiner ursprünglichen homogenen Konsistenz wird sichtbar, befreit von den zufallsbedingten Schichten aus fleckigen Oxiden und anderen Verbindungen, die sich im Laufe so eines Steinlebens auf ihm abgelagert haben.

Und neben der Substanz wird damit auch die Form freigelegt. Illusionen des Fließens, Faltens, Biegens, Knickens drängen sich auf, machen damit den Naturprozess nachvollziehbar. Dies ist besonders an der hier vor Ihnen liegenden Stele zu erleben.

Dem Abschälen der Haut entspricht in der Umkehrung das Einhüllen, Bedecken und Verschließen des Steins. Ich meine die ungewöhnliche und durchaus gewagte Entscheidung Hettingers für eine weiße Lackierung, wie in der Arbeit draußen vor dem Eingang. Auch damit reduziert er das Phänomen Basaltsäule auf seine Form. Von der nuancenreichen Oberfläche wird abstrahiert, und das Wesen des Steins tritt hervor. Der Künstler erlebt diesen Vorgang als Schnitt, wie er sagt. In diesem Fall schneidet er nicht in den Stein hinein, sondern trennt ihn als Objekt von seiner Umgebung, indem er ihn mit einer zweiten Haut umgibt.

Er zieht sich damit als Bildhauer auf eine extreme Position zurück: Kein langwieriges Bearbeiten des Materials mehr mit schwerem Gerät, sondern nur noch das Vorstellen der natürlichen Skulptur in ihrem Wesen, wie er sie versteht, unterstützt durch eine malerische Geste.

Die Anmutung des Figurativen, von der ich eben sprach, drängt sich übrigens geradezu auf, wenn man den Bildhauer und seine Helfer - allen voran wieder der zuverlässige Hans Vogel - beim Aufstellen, besser Aufrichten oder auch beim Niederlegen und Betten der Stelen beobachtet. In Decken gewickelt und vorsichtig manövriert wirken die Steine dann wie empfindliche Körper, mit denen überaus zart umgegangen wird.

Luxenburger: Schichten und Strukturen

Der Raum und seine Wahrnehmung bzw. Illusion - und damit wiederum die Bewegung - ist ein zentrales Element in der Kunst Birgit Luxenburgers. Das gilt für die Gemälde ebenso wie für die Fotoarbeiten. Die Künstlerin baut ihre Bilder aus Schichten auf, in einem durchaus komplizierten Prozess der unterschiedlichsten Techniken. Sie arbeitet auf dem Boden und hat sich wegen der größeren Festigkeit und des stabilen Widerstandes für Holzplatten statt Leinwand als Malgrund entschieden. Deckende und lasierende Farbaufträge wechseln sich ab, vom Fundament, der untersten Schicht, bleibt meist nur die pastose Struktur sichtbar.

Die Spannung in den Bildern entsteht zum Teil durch das Gegeneinander von amorphen Formen und rasterartigen Mustern und Streifen - unsere Gegensatzpaare tauchen wieder auf -, aber vor allem im Spiel mit Perspektiv-Effekten, das Stichwort „Augentäuschung“ wird von der Malerin selbst benutzt.

Da beim zweidimensionalen Bild die stereoskopische Wahrnehmung entfällt, sind wir auf allerlei andere Mechanismen der Raumwahrnehmung - d .h. der aktiven Organisation des Bildraumes - angewiesen. Die Zentralperspektive, für große Tiefenwahrnehmung zuständig, fehlt ebenfalls fast völlig. Der Bildraum ist in der Ausdehnung in der Tiefe begrenzt, tendiert zum Verflachen. Aber auch in dieser Begrenztheit glauben wir ein Davor und Dahinter zu identifizieren, sogar das Ausbilden von kleinen Volumina. Schattenwurf von Rundungen wird illusioniert, einzelne Formen scheinen andere zu verdecken, Unschärfen verleiten zur Wahrnehmung unterschiedlicher Distanzen, Luftperspektive - d. h. das Verblassen von Farben in der Ferne - trägt ihrerseits zur Raumwirkung bei, und schließlich arbeitet die Malerin mit der Tendenz der Farbwerte, entweder eher hervorzuspringen oder im Hintergrund zu verharren.

All diese Phänomene werden Sie bei genauer Betrachtung in den Bildern entdecken, und vor allem: Sie werden sich teilweise widersprechen. Birgit Luxenburger narrt uns. Scheinbar erkannte räumliche Verhältnisse werden geradezu durchkreuzt, was als zum Schluss aufgesetzt erscheint, ist in Wirklichkeit ein stehen gelassener Überrest früherer Schichten, Figuren heben sich vom Grund ab, kippen im nächsten Moment selbst als Grund zurück und lassen anderen Bildelementen den Vortritt. Dabei wirken Gemälde wie Fotoarbeiten zunächst versperrt und abweisend, wie durch die Gitterstruktur verschlossen.

Was die Künstlerin früher mit malerischen Mitteln realisiert hat, beschäftigt sie seit einiger Zeit auch im Medium der Fotoarbeit. Hier geht sie von Vorgefundenem aus, Mustern, Netzen, Gittern, Streifenstrukturen, die sie fotografiert und dann am Computer sozusagen klont, d. h. dupliziert, übereinander kopiert, ausstanzt und neu zusammensetzt. Auch dabei konstruiert sie geschickt optische Paradoxe und schafft unmögliche Illusionen. Ganze Variationsreihen dieser Technik finden sie oben auf der Galerie. Bisweilen staffeln sich die Gitter derart in die Tiefe, dass man glaubt, in völlig verspannte und mit Geflecht ausgefüllte unbetretbare Räume zu blicken. In anderen Arbeiten kreuzen, verknoten und verwirren sich maschinell hergestellte Gitter mit Wucherungen von Geäst. Die Arbeit im Foyer benutzt schließlich lediglich Fotos von Baumkronen - womit wir wieder zum natürlichen Wachstumsprozess zurückgekehrt sind.

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