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Übersicht

Rede zur Ausstellungseröffnung von con.Theis in der Galerie Sauveur, Eppstein, am 24. September 1995

Ein Bild

Als Sie dieses Haus betreten haben, waren Sie mit einem "Original" von Cony Theis konfrontiert. Materiell in der Tat ein Gemälde, nämlich bemalte grundierte Leinwand, und ordentlich mit einem Plexiglas-Schildchen versehen, das Künstlerin, Titel und Entstehungsjahr angibt.

Aber dieses Original sagt, es sei ausgeliehen. Sie kennen den Text aus Museen, an der Stelle des Originals hängt vielleicht ein Foto, zumindest aber ein kleiner Zettel, auf dem steht: Das Werk, das sonst hier hängt, ist zur Zeit ausgeliehen an eine Sonderausstellung dort und dort. Diese profane Mitteilung aber ist der gedankliche Inhalt des Gemäldes. Jemand, der gern nach der "Aussage" eines Kunstwerks fragt, hat es diesmal leicht, die Aussage kann man schwarz auf weiß lesen - mehr aber auch nicht. Und diese Aussage, diese "message" teilt mit: Heute hier kein Bild, nur ein Ersatz. Aber es ist ja doch ein Bild da,.... nein, das ist ein zu kompliziertes Gedankenspiel, wenden wir uns einstweilen ab, und schauen uns die "Bilder" an.

Nachthimmel

"Als das Kind Kind war", "Als das Wünschen noch geholfen hat", "Als die Sterne noch farbig waren", "Als die Bilder noch Bilder waren", hat Cony Theis den Nachthimmel gemalt, den sternenbesetzten Himmel über sich in kleinen Ausschnitten. Ausschnitte, die Phasen von Bewegungen erfassen, von rasend schnellen Bewegungen, eingefroren, vergrößert und zumindest einmal fast greifbar in einem Kometen.

Ausschnitte, die auch Zeichen erkennen lassen. Dieses zwölfteilige Werk heißt "Geheimnis des Himmels" - Ein großes Unterfangen, ein unmögliches Vorhaben, das Geheimnis des Himmels abzubilden, das ist kaum weniger als das Geheimnis der Welt. Und Cony Theis - so wie es alle Menschen seit Anbeginn versucht haben und wohl auch noch einige Tausend Jahre weiterhin tun werden, macht sich daran, das Geheimnis zu ergründen. Sie malt den Himmel, Teile des Himmels, alle zwölf Teile, denn es muss doch eine Grenze geben, eine feste Zahl, und sie besetzt sie mit Zeichen, Sternkreiszeichen, Resten oder Bruchstücken von Schriftsymbolen.

Die Sternbilder werden zitiert und variiert, dieser ewig alte Versuch, das Universum zu ordnen, diese Physiognomisierungstendenz, das Hineinschreiben von Gesichtern, Gebilden, Bildern in Ungeordnetes, Unstrukturiertes, scheinbar Zufälliges, das wir nicht begreifen können.

Das unbegrenzte Universum wird greifbar gemacht, in feste Distanz gebracht, durch Sterne bezeichnet, dadurch auch vermessbar gemacht, benutzbar zur eigenen Positionsbestimmung - mit Sixtanten und den Methoden der Astronavigation, die die Malerin übrigens beherrscht, - dass wir nicht verloren gehen - in Gedankenspielen oder auf hoher See, dass wir wissen wo wir sind, dass die Welt uns erkennbar und erklärbar bleibt. Das schafft die Malerei.

Gleichzeitig lädt diese Malerei die Dinge mit Bedeutungen auf, schreibt ihnen Kräfte zu, macht sie noch geheimnisvoller als sie schon sind, ist damit mystische Kunst wie die Sterndeuterei, die die Malerin übrigens nicht beherrscht.

Und das Geheimnis liegt auch spürbar im Arbeitsvorgang selbst. Denn es sind ja gar keine Abbildungen, auch wenn sie sich auf etwas beziehen, das wir alle aus Erfahrungen kennen. Es sind ja keine tatsächlichen Sternkonstellationen, sie existieren nur im Bild. Und dahin geraten sie halbkontrolliert. Das heißt, der Malvorgang löst sich sofort vom Vorsatz. Die Arbeit verselbständigt sich. Es hängt von der Haltung des Pinsels, der Konstistenz der Farbe, der Temperatur im Atelier, den unmerklichen unwillkürlichen Handbewegungen und von vielem anderen ab, wohin die Sterne tropfen, wenn sie den dunklen Nachthimmel, der jetzt in Form einer Leinwand auf dem Atelierboden liegt, bevölkern.

Tortenstückchen

Cony Theis geht das große Thema nicht ohne Humor an. Denjenigen, die das Himmelsgeheimnis noch greifbarer haben möchten, es wirklich anfassen und womöglich in sich aufnehmen, bietet sie Mond und Sterne in Stückchen an, Tortenstückchen, auch sie mit den kartographischen und mathematischen Vermessungsversuchen versehen, der Mond auch bereits vom Fußabdruck seines ersten menschlichen Besuchers markiert. Aber die letztliche Ungenießbarkeit der Beton- und Kunststofftorten lässt uns hungrig zurück, provoziert umso mehr den unstillbaren Appetit auf die Welt.

Das erste Bild, das Sie heute sahen, sagte: Ich bin kein Bild. Ich bin nur der Ersatz für das Bild. Das Bild gibt es nicht, das Werk ist ausgeliehen. Für eine Ausstellung an anderem Ort. Wo ist der Ort? Der Ort ist hier. Wann findet diese Ausstellung statt? Jetzt. Und wenn die Ausstellung vorbei ist, geht das Bild zurück an seinen ursprünglichen Stammplatz. Wo ist der? Auch hier. Dieses Bild, das es nicht gibt, kann es nur hier und jetzt geben. Oder gar nicht. Vielleicht gibt es überhaupt keine Bilder ...

Eine andere Leihgabe heißt "Jungfrau". Sternbild der Jungfrau? Bild vom Sternbild der Jungfrau, zur Zeit nicht hier, sondern hier.

Stellen Sie sich vor, hinter dem Bild wäre keine Wand, kein Haus, wären keine Bäume, keine Berge, die den Blick begrenzen, nicht einmal Wolken, keine dichte Atmosphäre, sondern dieser Bildrahmen würde direkt vor dem Universum schweben, es gäbe nur noch das Bild vor Ihnen, und wir würden jetzt das Bild entfernen, was würden Sie sehen?

Also holen uns die Bilder die Dinge zurück, die wir nicht mehr sehen können. .... Als die Sterne noch farbig waren...

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