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Übersicht

Neulich, Silvester, ein Lob des Künstlers und andere Fisimatenten

Zur Retrospektive Jochen Kuhn

Katalog KunstFilmBiennale Köln, 2005, S. 104ff.

  • www.JochenKuhn.de

Der Eigenbrödler vor dem Papier

Ein einsamer Filmemacher am Schreibtisch. Ein Brief wird entworfen, an die ferne mächtige Produzentin. Es ist ihr ein Exposé zu verklickern, ein neuer Plot schmackhaft zu machen, für ein breites Publikum. Das weiße Blatt Papier bleibt nur kurz leer, dann gehen Bleistift und Fabulierkunst mit dem ernsthaften jungen Talent durch, und begleitet von monologischem Grübeln entwickeln sich binnen Minuten die Geschichten der Welt, bis hin zum letzten aller Kriege, gezeichnet in atemberaubender Animationsgeschwindigkeit. Eben noch als Idee formuliert, verlassen die Bilder den Kopf des Künstlers, landen auf dem Papier und machen sich fort auf die Kinoleinwand.

Jochen Kuhn, der im "Brief an die Produzentin" vor 20 Jahren sich selbst dargestellt hat - und damit auch eine ganze Generation ambitionierter Nachwuchsregisseure, liebt die Selbstbespiegelung und hat sie als seine ureigenste filmische Methode zur Perfektion entwickelt, wobei er gleichzeitig eben jene pubertäre Egozentrik mit unterkühlter Ironie und trivialen Randbemerkungen der Lächerlichkeit preisgibt. Sein Hauptinstrument neben der Malerei ist dabei seine in sich gekehrte Stimme, die aus dem off mit spürbar norddeutschem Akzent mehr zu sich selbst als zum Zuhörer spricht und manchmal auch die Rolle eines alter ego oder weiterer Hauptpersonen übernimmt.

Worum es dabei geht? Die Liebe, die hehre Kunst, und wieder die Liebe - und vor allem die mit ihr verbundenen Tücken und Fallstricke. Ob wie in "Lob des Anrufbeantworters" eine Liebeserklärung durch eben jenes Gerät behindert wird oder in "Neulich 3" der Protagonist unfreiwilliger Zuhörer einer traurigen Philosophie der Verliebtheit wird, ob - mit allen Klischees - in "Neulich 5" ein Bordellbesuch zelebriert wird oder immer mal wieder eine Kellnerin oder sonstiges weibliches Personal die begehrlichen Blicke des einsamen Helden auf sich zieht - Melodram und Vergeblichkeit liegen immer in greifbarer Nähe.

Überhaupt wird reichlich in filmischen und erzählerischen Topoi gewildert, vor allem in denen, die ernsthaft daherkommen. "Robert Langner, Biografie" parodiert das Künstlerporträt aus dem Bildungsfernsehen und widmet sich einem Kleindarsteller und seinem ereignislosen Leben ("Man spielt keine Rolle, aber mit Überzeugung"), "Höllenfranz", mit dem Regisseur in der Titelrolle, ist ein Stummfilmthriller in klassischer Manier mit schöner Dame und bösem Herrn.

Film und Malerei

Insofern verweist jeder der Filme von Jochen Kuhn auf sich selbst, seine Vorgänger und sein "Gemachtsein" zurück, indem nämlich weder das Sujet noch das Genre richtig ernst genommen werden. Auch und gerade die kunstvolle Fertigkeit des Animationsfilmers dient dem Regisseur nicht (nur) zur Schaffung perfekter raumzeitlicher Illusionen, sondern wird immer wieder selbst als Handwerk sichtbar gemacht: durch die Hand des Künstlers im Bild, den Stift, den Pinsel, das zerknüllte Papier. "Neulich 4" beginnt mit einer langen Sequenz in der Alchimistenküche des Malers, der Farben, Pigmente, Lebensmittel und anderes übereinander schüttet, vermischt, verrührt und verquirlt, bevor sich aus diesem Urschlamm eine Traumerzählung entwickelt.

Überhaupt die Malerei: Trefflich ließe sich anhand der Filme Kuhns ein theoretischer Exkurs über das Verhältnis der beiden Medien versuchen. Oder sollte man statt "Medien" besser den altertümlichen Begriff "Ausdrucksformen" verwenden? Denn einen geradezu übersprudelnden Ausdruckswillen muss man dem Künstler bescheinigen. Hat der Zuschauer die Chance, gleich mehrere seiner Filme nacheinander zu sehen, wird er überwältigt von einer wahren Bilder- und Geschichtenflut, teilweise nur mühsam von einer Rahmenerzählung im Zaum gehalten, z. B. in einen Traum oder eine private Jahresbilanz ("Silvester") gepackt.

Manchmal, wie in "Jo Jo", versucht Jochen Kuhn nicht einmal das, sondern überlässt sich und den Zuschauer einfach dem assoziativen Fließen der Bildgedanken, wobei sich ein Motiv aus dem anderen entfaltet, Dinge sich tausendfach überlagern, Figuren ausgewischt, übermalt und zerschnitten werden und sich wortwörtlich eins aus dem anderen ergibt. Als ob die statische Malerei nicht ausreicht, allen Ideen Raum zu geben und erst die zeitliche Verlängerung in den Film das innere Universum des Künstlers erfassen kann. Auch den in diesem Gedanken enthaltenen Persönlichkeitszug hat Kuhn an sich selbst bemerkt und erfindet in "Neulich 2" dafür ein medizinisches Untersuchungsinstrument, das ihn psychisch durchleuchtet und dabei den Vorrat verschütteter Bilder und Ideen sichtbar macht.

Stilistische Anleihen

So viele Anleihen der Künstler auch in filmischen und literarischen Genres macht (und in der Malerei kämen Surrealismus ebenso wie Realismus, Action Painting wie auch Collage und noch manches andere dazu), sein Bildstil ist unverkennbar. Rechtwinklig angelegte Stadtlandschaften mit repräsentativen Bauten bilden die Kulisse, sie muten italienisch an, die Straßen und die riesigen Plätze sind in der Regel menschenleer, ab und zu kommen Paläste und Monumente ins Bild, auch altertümliche Villen, dann Bunker, Hallen, Labyrinthe oder einfach die Ödnis des leeren Raums. Die Figuren, die solche Räume durchqueren müssen (z. B. auf dem "Weg zur Baustelle", oder schwer beladen in "Neulich 1"), haben meist merkwürdig neutrale und ausdruckslose Gesichter, selten einmal wird ein Porträt versucht. Die Farbskala bewegt sich im Grau-Weiß und Gelb-Braun-Ocker, manchmal Rot, einige Filme sind auch in schwarzweiß gedreht.

Rein bildlich also nicht gerade eine fröhliche Welt, in die uns der Maler mitnimmt. Die Musik, meist ziemlich zurückhaltende langsame Rhythmen vom eigenen Keyboard in tiefen Moll-Lagen, auch mit Anklängen an Bekanntes, erfrischt dabei nicht wirklich. Erst der eigenbrötlerische Monolog Jochen Kuhns, der das alles kommentiert, vorwegnimmt oder konterkariert, bringt Schmunzeln in diese anscheinend düstere Weltsicht.

Nun ist Jochen Kuhn nicht nur Animationsfilmer. Reale Sequenzen mit Schauspielern werden da und dort in die Filme verwoben. Zwei abendfüllende Spielfilme zählen zu seinem Werk, sie wirken jedoch eher wie Ausflüge in fremde Gefilde. In den Dialogen beider Filme ist die ihm eigene Diktion spürbar, vor allem in "Kurz vor Schluss" von 1986. "Fisimatenten" ist eine Satire über den Kunstbetrieb, besetzt mit betrügerischen Galeristen, dummdreisten Politikern, affektierten Sammlerinnen, Fälschern und zarten Musen, im Zentrum natürlich der zwischen Selbstzweifel und Berufung schwankende erfolglose Künstler, der - wie gewohnt - monologisch erzählt. Einige wenige gemalte Animationen erinnern an Jochen Kuhn, wie man ihn kennt.

Handarbeit eines Selbermachers

Und man kennt ihn eben vor allem als Selbstmacher, Alleskönner und Heimarbeiter. In allen seinen Filmen stammt die Malerei und Animation von ihm, natürlich das Buch und die Regie, aber auch die Musik. In der Regel produziert er selbst und führt auch die Kamera, vom Sprechen war schon die Rede. Lediglich Ton und Schnitt überlässt er seit Jahren einem Freund (Olaf Meltzer). Bemerkenswert auch, dass er bis in die 90er Jahre auf Super-8 drehte, darunter einige seiner bekanntesten Filme.

Diese zurückgezogene und auf sich selbst gestellte Arbeitsweise, die sich von der Spielfilmproduktion, aber ebenso auch von der Arbeitsteilung in den Trickfilmstudios fundamental unterscheidet, macht das Erfolgsgeheimnis Jochen Kuhns aus. Er beharrt sichtbar, aber ohne jeden Dünkel auf der Rolle des Künstlers als eigenständiger Schöpfer - so wie er bis zur Moderne verstanden wurde und in aller für ihn typischen ironischen Brechung.. Dass alle seine Filme "Handarbeit" jenseits von jeder Digitaltechnik sind, sei hier nur als selbstverständlich erwähnt. Ob man bei seinem Werk von Malerei im Film oder für den Film oder über Film mit und über Malerei sprechen sollte, bleibt dabei unerheblich. Das erste Bild ist auch das letzte: Der einsame Filmkünstler am Schreibtisch.

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